50 Jahre Kindertagespflege: Von der „Tagesmutti“ zur qualifizierten Fachkraft

Ein „Kind“ der 70er hilft den Eltern von heute


Gerade mal ein Jahr später startete die damalige Bundesregierung das Modellprojekt „Tagesmütter“ in über 20 Kommunen, in denen Tagesmütter – damals noch keine Tagesväter – Kinder im familienähnlichen Umfeld betreuten. Zunächst nur auf fünf Jahre angesetzt, waren die Erfahrungen, die mit diesem neuen Betreuungsansatz gemacht wurden, letztlich so gut, dass aus dem Projekt eine dauerhafte Einrichtung wurde, die 2024 ihr 50-jähriges Bestehen feiert. 

Die Zielvorgabe, die mit der Einführung der Kindertagespflege verfolgt wurde, hat sich in den vergangenen fünf Jahrzenten kaum verändert, aber erheblich verstärkt. Es galt und gilt heute noch viel mehr, Vätern wie Müttern die Gelegenheit zu geben berufstätig zu sein und vor allem auch zu bleiben.

Allerdings hat das 1974 herangezogene Betreuungsmodell - wenn überhaupt - nur noch sehr wenig mit dem zu tun, was die Kindertagespflege 2024 ausmacht. Das unterstreicht Angelika Hartmann, Leiterin des Fachbereichs „Soziales, Kultur und Bildung“ im Kronberger Rathaus.

Das Modell „Hausfrau betreut zeitweise neben ihren eigenen Kindern zwei, drei fremde Kinder als Tagesmutti“, so Hartmann, habe doch weitgehend ausgedient. Wenn die Rede heute von zeitgemäßer Kindertagespflege sei, dann spreche man von qualitativ hochwertiger Betreuung und einem dauerhaft angelegten Berufsbild.

In Kronberg, wo Angelika Hartmann die Kindertagespflege 1996 erfolgreich einführte, gibt es aktuell 10 Pflegestellen, die die Betreuung von bis zu 50 Kindern vorrangig im Alter zwischen 0 und 3 Jahren ermöglichen. Obschon andernorts mittlerweile auch Männer in der Kindertagespflege beschäftigt sind, arbeiten in der Burgstadt bislang ausschließlich Frauen in diesem Bereich. Und das durchaus auch zusammen. „Der Austausch unter den einzelnen Kindertagespflegepersonen ist uns sehr wichtig, können davon doch alle Beteiligten in ihrer täglichen Arbeit profitieren“, betont Alice Boedicker, Pädagogische Fachberaterin bei der Stadt Kronberg in Sachen Kindertagespflege.

Ein mehr als gutes Beispiel dafür ist aus ihrer Sicht ein Projekt, das in den vergangenen Sommermonaten gemeinsam mit der Stadtbücherei umgesetzt werden konnte.  Einmal im Monat trafen sich die Kronberger Tagesmütter mit den von ihnen betreuten Kindern von Juni bis August vormittags in der Bibliothek, um dort gemeinsam die große Welt der Bücher zu entdecken. Passend zum Alter des Nachwuchses lag der Fokus auf Bilderbüchern, die mit reichlich Leben gefüllt wurden. Da wurde gehüpft und geklatscht, getrommelt und getrampelt, wurden Tierlaute und Geräusche nachgeahmt, aber auch das Zuhören und das Sprechen angeregt und gefördert. Boedicker: „Das Angebot kam bei den Kindern und vor allem auch bei den Betreuerinnen sehr gut an.“

Um auch abseits des beruflichen Alltags das Kindertagespflege-Netzwerk enger zu knüpfen, trafen sich die Kindertagesmütter und Kinderfrauen zudem wieder mit den begleitenden Mitarbeiterinnen der Stadt zu einem gemeinsamen Picknick auf der Terrasse des Kronberger Rathauses.

„Die Arbeit ist dabei natürlich ein Thema, aber nicht das einzige. Es bleibt immer auch Raum, um sich über die großen und kleinen Dinge des Lebens zu unterhalten“, unterstreicht Alice Boedicker. Das stärke das Wir-Gefühl im Kronberger Kindertagespflegeprojekt spürbar und werde als Angebot gerne angenommen, sind die Kindertagespflegepersonen doch in ihrer täglichen Arbeit in der Regel „Einzelkämpferinnen“.

Hinweis I: Die Kronberger Kindertagespflege sucht neue Kindertagespflegepersonen zur stetigen Erweiterung von Qualität in der Bildung und Betreuung von Kindern von 0 bis 3 Jahren

Möchten Sie beruflich neue Wege gehen und haben Freude am Umgang mit Kleinkindern? Dann bewerben Sie sich bei uns! Sie werden von uns begleitet und beraten. Als Kindertagespflegeperson betreuen Sie bis zu 5 Kinder und sind selbstständig tätig. Dabei leisten Sie einen wichtigen Beitrag zur Vereinbarung von Familie und Beruf sowie zur Förderung der Persönlichkeitsentwicklung der Kinder. Die Betreuung findet entweder in Ihrem Haushalt oder in von Ihnen angemieteten Räumen in Kronberg statt.  Als Besonderheit bietet die Stadt eine Vertretung an. Sie vertritt die Kindertagespflegepersonen bei Urlaub oder Krankheit, um die Kinderbetreuung weiterhin sicherzustellen.

Um als Kindertagespflegeperson tätig zu werden, wird in Kooperation mit dem Hochtaunuskreis einmal im Jahr eine Grundqualifizierung mit 300 Unterrichtseinheiten kostenfrei angeboten. Sollten Sie bereits über  pädagogische Fachkenntnisse verfügen, gibt es die Möglichkeit, eine verkürzte Qualifizierung an der VHS Frankfurt zu absolvieren.

Sie haben Interesse? Um erste Einblicke in die Tätigkeit zu erhalten, finden Sie online unter

www.webkita2.de/kronberg unter dem Schlagwort „Kindertagespflege“. Bei weiteren Fragen melden Sie sich per E-Mail an kindundfamilie@kronberg.de oder telefonisch unter (06173) 7031321 bei Alice Boedicker.

Hinweis II: Lag der Schwerpunkt der Kindertagespflege über viele Jahre vornehmlich auf der Betreuung von Mädchen und Jungen im Kindergartenalter und darunter, so rückt mittlerweile eine weitere Zielgruppe immer stärker in den Blick – die Grundschulkinder. Obwohl auch an allen Kronberger Grundschulen Betreuungszentrum vorgehalten werden und die Zahl der Gruppen in den vergangenen Jahren immer wieder aufgestockt wurde, übersteigt die Nachfrage der Eltern das Angebot an Plätzen doch häufig. Hier möchte Nathalie Habig als neue Kindertagespflegeperson ansetzen und mit den „Taunuskids“ in der Kronberger Stadtmitte eine Alternative bieten. Ende August hat die Diplom-Pädagogin ihr Projekt gestartet, mit dem sie explizit die Eltern von Grundschulkindern anspricht. Ihre Kindertagespflegestelle bietet für maximal fünf Mädchen und Jungen eine Nachmittagsbetreuung direkt nach Schulschluss an, inklusive frischgekochtem Mittagessen, persönlicher Hausaufgabenbetreuung und abwechslungsreicher Freizeitgestaltung. Und das in zentraler Lage.

Das Domizil der „Taunuskids“ befindet sich in unmittelbarer Nähe des Victoria-Parks und in Laufweite zur Kronthal- wie auch zur Victoria-Schule. Für Alice Boedicker ist das neue Angebot eine „wunderbare Ergänzung zu den bestehenden Betreuungszentren und Horten in Kronberg“. Das unterstrich die Pädagogische Fachberaterin der Kronberger Kindertagespflege bei einem Besuch bei Nathalie Habig. Zugleich, so Boedicker, leiste das Projekt „Taunuskids“ einen wichtigen Beitrag zur Betreuung für Erstklässlerinnen und Erstklässler, auf die deren Eltern ab dem neuen Schuljahr 2025/2026 einen Rechtsanspruch haben. Weitere Informationen zu den „Taunuskids“ und zur Kindertagespflege im Allgemeinen finden Interessierte online unter www.webkita2.de/kronberg.

Seit wenigen Wochen ist Nathalie Habig (re.) Teil des Kronberger Netzwerks in Sachen „Kindertagespflege“. Alice Boedicker (li.) wünschte zum Start alles Gute.